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Merryluzy

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Monday, September 4th 2006, 11:45am

Hi

Quoted

D.h. der Islam will damit einzig und allein die Partnerwahl aufgrund von inneren Werten fördern?


in erster Linie ja. Das heißt nicht, dass man keine Ansprüche an Aussehen haben darf. Der Partner sollte schon einem gefallen.

Quoted

Und bei Staatsmännern ist Aufruf zum Mord ok?

Man muss beachten, was für Verhältnisse damals vorherrschten.
Ich kann nicht nachempfinden, was damals los war.
Und auch mir gefallen einige Tatsachen nicht.

Quoted

Was hat dich dazu bewegt dies zu ändern?

Die Frage nach: "Wo komm ich her" und so weiter.

Edit:
ich meinte eine andere Ebene der Herkunft.
Und mit "und so weiter" meinte ich Fragen wie
-Warum bin ich Muslima? Für/Wegen den Eltern? Aus Gewohnheit? Vererbt?
-Warum sollte ich Muhammad glauben? Genausogut könnte ich ja XYZ glauben.
-Sinn des Lebens, blablabla.

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Rick

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Monday, September 4th 2006, 12:50pm

Es soll Zeugen geben, die aussagen, dass ich aus dem Uterus meiner Mutter entsprungen bin!
Diese habe ich allesamt umgebracht da ihre unwissenschaftliche Meinung eine Verleumdung war, und ich sowas nicht toleriere!




....entschuldigt, aber ich konnte einfach nicht anders :-D

Sometimes you've got to ask yourself: Is xkcd shitty today?

  • "Joachim" is male

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143

Monday, September 4th 2006, 1:21pm

Quoted

Original von Merryluzy

Quoted

Und bei Staatsmännern ist Aufruf zum Mord ok?

Man muss beachten, was für Verhältnisse damals vorherrschten.
Nein, der historische Kontext spielt in solchen Fragen überhaupt keine Rolle. Vor 70 Jahren herrschten in Deutschland auch "andere Verhältnisse" vor als es heute der Fall ist – das rechtfertigt die Geschehnisse in keinster Weise. Genauso verhält es mit der Inquisition und der Christenverfolgung im alten Rom, um weniger "brisante" Beispiele zu nennen.

Auch in der Bibel (vor allem in alten Testament) findet man viele Stellen, die klar zur Intolerenz aufrufen (mit allen drastischen Folgen). Theologen behelfen sich bei deren Interpretation meist mit dem "historischen Kontext", der "symbolischen Bedeutung" oder anderen völlig willkürlichen wählbaren Lesarten. Durch diese Willkür bei der Interpretation von Texten ist bei "Buchreligionen" Fanatismus Tür und Tor geöffnet. Das ist auch eine ständige Gefahr beim Christentum. Wer garantiert, daß die Bibel ab morgen nicht so gedeutet wird wie dies zu Zeiten der Inquisition der Fall war?
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Merryluzy

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Monday, September 4th 2006, 4:57pm

natürlich spielt der historische Kontext eine Rolle.

Ich habe oben den Verrat der ansässigen Juden erläutert.
Für mich klingt es schrecklich. (Der "Richerspruch" war ja nicht mal von Muhammad) Und natürlich fragt man sich, warum hat er diesmal nicht vergeben.

Ich glaube, dass jene Suren, die zum Töten von anderen aufrufen, nur für einen speziellen Moment gültig waren. Also heute nicht gültig.

Ich sehe nicht, dass Toleranz und Islam sich widersprechen würden.

Die Gefahr der Alle-interpretieren-wie-sie-wollen-und-meist-zu-ihren-eigenen-Gunsten-oder-Wünschen besteht.
Aber gleichzeitig bestehen Suren, die den Wert eines Menschenleben unterstreichen. Laien würden jetzt sagen: Da liegt ein Widerspruch.
Wenn man den Kontext (also unter welchen Umständen gab es die Offenbarung) nicht kennt, kommt man zu diesem Schluß.

Was machen die Extremisten? Sie überhören gerne jene Suren, die Selbstmord,... verurteilen.

Ich denke -wie Annemarie Schimmel- das der Islam misverstanden wird.

Weiß einer von euch mehr darüber:
Wurde die Inquisition,... von der Mehrheit der Christen damals nicht unterstützt?

Die Mehrheit der Muslime sieht in den besagten Suren nicht dasselbe wie jene Extremisten.

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Jochen

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Monday, September 4th 2006, 5:15pm

wenn man eine paralelle zwischen "aufruf zum mord" und einem militäreinsatz zeiht dann hat da vor allem Schröder schon gut was geleistet...

naja auch Kohl hatte Somalia (wobei das glaub ich mit UNO mandat war)

und Merkel hat den Kongo und bald Libanon (naja auch UNO)


an den - meiner ansicht nach - kritischten die da wären Balkan und Afghanistan hätte eine CDU/CSU regierung aber wohl auch nichts geändert...


damit will ich jetzt religionskriege keinesfalls verteidigen - im gegenteil.

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146

Monday, September 4th 2006, 5:17pm

Quoted

Original von Merryluzy
natürlich spielt der historische Kontext eine Rolle.
Schon, aber nicht zur Rechtfertigung von Aufrufen zum Mord.

Quoted

Ich glaube, dass jene Suren, die zum Töten von anderen aufrufen, nur für einen speziellen Moment gültig waren. Also heute nicht gültig.

Die Gefahr der Alle-interpretieren-wie-sie-wollen-und-meist-zu-ihren-eigenen-Gunsten-oder-Wünschen besteht.
Aber gleichzeitig bestehen Suren, die den Wert eines Menschenleben unterstreichen.
Warum sind diese Suren (im Gegensatz zu den Suren, die zum Mord aufrufen) nicht nur für einen speziellen Moment gültig? Wie kann ich "gültige" Suren von "ungültigen" unterscheiden?

Quoted

Wenn man den Kontext (also unter welchen Umständen gab es die Offenbarung) nicht kennt, kommt man zu diesem Schluß.
Da sich dieser Kontext heute nicht einmal mehr annährend mit Sicherheit rekonstruieren läßt, beruht die Interpretation solcher Texte nur auf Spekulation.

Quoted

Was machen die Extremisten? Sie überhören gerne jene Suren, die Selbstmord,... verurteilen.
Die "Nicht-Extremisten" überhören gerne Suren, die Gewalt einfordern. Wer macht es richtig? Wo steht geschrieben, wie man die Suren korrekt interpretiert, welche heute gültig sind und welche nicht?
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Monday, September 4th 2006, 5:24pm

Quoted

Original von Jochen
wenn man eine paralelle zwischen "aufruf zum mord" und einem militäreinsatz zeiht dann hat da vor allem Schröder schon gut was geleistet...
Ich sehe dort keine Parallele. Die Auslandseinsätze der Bundeswehr wurden nicht mit dem Ziel beschlossen, andere Menschen zu töten.
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Merryluzy

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Tuesday, September 5th 2006, 4:33pm

also ich habs echt nicht studiert, aber nach meinem Wissen:

also eine Schar von den ersten Muslimen floh (geheim über Nacht) aus Mekka (wegen Verfolgung) nach Medina und verlohr dabei Verwandte und allen Besitz.
Dort bildete sich eine immer größer werdende Gemeinde, also so eine Art islamischer Staat.
Naja, sie wurden nicht gerade in Ruhe gelassen, sondern sozusagen wurden alle Nicht-Muslime in Arabien von den Quraish aufgerufen gegen diese Muslime vorzugehen.
Also lebten sie ständig in der Gefahr angegriffen zu werden (so fühlt sich heute die israelische Bevölkerung).

Damals bedeutete "Nichtmuslim"="Feind" (weil sie die Muslime erledigen wollten).
Heute gilt die "Gleichung" natürlich NICHT.

EDIT:

Quoted


Von Joachim:
Warum sind diese Suren (im Gegensatz zu den Suren, die zum Mord aufrufen) nicht nur für einen speziellen Moment gültig? Wie kann ich "gültige" Suren von "ungültigen" unterscheiden?
[...]
Die "Nicht-Extremisten" überhören gerne Suren, die Gewalt einfordern. Wer macht es richtig? Wo steht geschrieben, wie man die Suren korrekt interpretiert, welche heute gültig sind und welche nicht?


ich will mich um eine Antwort kümmern...

EDIT: passt nicht wirklich dazu, aber erschreckend:
http://www.tagesschau.de/aktuell/meldung…EF3_BAB,00.html

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Warui

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Wednesday, September 6th 2006, 1:14pm

Quoted

Original von Merryluzy
Wurde die Inquisition,... von der Mehrheit der Christen damals nicht unterstützt?


Ungefähr so wie die Stasi in der DDR.
Im Prinzip baute das Ganze auf Furcht auf, und oft wurden Menschen an die Inquisition "verraten", derer man sich entledigen wollte.
Erwachsenwerden? Ich mach ja viel Scheiß mit, aber nicht jeden!

DrChaotica

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Wednesday, September 6th 2006, 3:56pm

Quoted


EDIT: passt nicht wirklich dazu, aber erschreckend:
http://www.tagesschau.de/aktuell/meldung…EF3_BAB,00.html

Schon seltsam, von was manche Leute überzeugt sein wollen...über das letzte Zitat mußte ich aber trotzdem ein bisschen schmunzeln:

Quoted


"Wenn der Messias erscheint, dann werden wir ihn eben einfach fragen, ob er zum ersten Mal kommt oder ob er nur zurückgekehrt ist. [...]"

"Schon länger hier...?" :D, wie bescheuert. Oder nur die Aussage von immerhin einem, der nicht so fanat ist, wer weiß...

Jochen

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Wednesday, September 6th 2006, 5:00pm

Quoted

Original von Joachim

Quoted

Original von Jochen
wenn man eine paralelle zwischen "aufruf zum mord" und einem militäreinsatz zeiht dann hat da vor allem Schröder schon gut was geleistet...
Ich sehe dort keine Parallele. Die Auslandseinsätze der Bundeswehr wurden nicht mit dem Ziel beschlossen, andere Menschen zu töten.

na wer für eine bombardierung stimmt dem müssen die opfer zumindest scheissegal sein.

migu

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Wednesday, September 6th 2006, 5:03pm

Quoted

Original von Jochen

Quoted

Original von Joachim

Quoted

Original von Jochen
wenn man eine paralelle zwischen "aufruf zum mord" und einem militäreinsatz zeiht dann hat da vor allem Schröder schon gut was geleistet...
Ich sehe dort keine Parallele. Die Auslandseinsätze der Bundeswehr wurden nicht mit dem Ziel beschlossen, andere Menschen zu töten.

na wer für eine bombardierung stimmt dem müssen die opfer zumindest scheissegal sein.
Manchmal muss man sich eben für das kleinere Übel entscheiden.
tar: Anlegen eines leeren Archivs wird feige verweigert.

Merryluzy

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Thursday, September 7th 2006, 10:11am

nennt man das dann nicht "Kollateralschaden"?

zu Joachim:

Quoted


Warum sind diese Suren (im Gegensatz zu den Suren, die zum Mord aufrufen) nicht nur für einen speziellen Moment gültig? Wie kann ich "gültige" Suren von "ungültigen" unterscheiden?
[...]
Die "Nicht-Extremisten" überhören gerne Suren, die Gewalt einfordern. Wer macht es richtig? Wo steht geschrieben, wie man die Suren korrekt interpretiert, welche heute gültig sind und welche nicht?

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Von einer Juristin:
In den rechtswissenschaften ist es eigentlich nicht anders. Wenn man Analogien machen will für fälle, zu denen es keine Normen gibt, dann muss man auch die Entstehungsgeschichte eines Paragraphen kennen und wissen, für welche Fälle die Gesetzgeber ihn gedacht haben und zusätzlich auch die Literaturmeinungen dazu, die die Paragraphen im Nachhinein oft teleologisch reduzieren, um Unbilligkeiten zu vermeiden oder ihn anders auslegen.

Bei einem universellen Wort wie dem Koran reicht es eben nicht ihn zu lesen und einordnen zu wollen. Da muss man schon tiefer gehen, wie in anderen Wissenschaften auch, vor allem wenn es darum geht, praktische Schlüsse zu ziehen für das Hier und jetzt. Aber das Erstaunliche ist, dass man einerseits so viel rausholen kann aus ihm, wenn man auch den Hintergrund und die historischen Anlässe der Offenbarungen kennt, aber andererseits ihn einfach auch so lesen kann und dabei auch was bekommt i.S. v. innerer Ruhe.
----------------------------------------------------------------------------------

Jochen

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Thursday, September 7th 2006, 2:57pm

Quoted

Original von migu

Quoted

Original von Jochen

Quoted

Original von Joachim

Quoted

Original von Jochen
wenn man eine paralelle zwischen "aufruf zum mord" und einem militäreinsatz zeiht dann hat da vor allem Schröder schon gut was geleistet...
Ich sehe dort keine Parallele. Die Auslandseinsätze der Bundeswehr wurden nicht mit dem Ziel beschlossen, andere Menschen zu töten.

na wer für eine bombardierung stimmt dem müssen die opfer zumindest scheissegal sein.
Manchmal muss man sich eben für das kleinere Übel entscheiden.

sagt sich immer leicht wenn der bombenhagel nicht über dem eigenen kopf niedergeht.
aber ich wette ein großer teil derer die sowas behaupten würden wenn sie z.b. sehen dass jemand verprügelt wird eher wegsehen anstatt selber ein blaues auge zu riskieren.



Quoted

Original von MerryLuzy
Von einer Juristin:
In den rechtswissenschaften ist es eigentlich nicht anders. Wenn man Analogien machen will für fälle, zu denen es keine Normen gibt, dann muss man auch die Entstehungsgeschichte eines Paragraphen kennen und wissen, für welche Fälle die Gesetzgeber ihn gedacht haben und zusätzlich auch die Literaturmeinungen dazu, die die Paragraphen im Nachhinein oft teleologisch reduzieren, um Unbilligkeiten zu vermeiden oder ihn anders auslegen.

wobei der koran ja im "vorwort" für sich beansprucht das "kein Zweifel" darin enthalten sei.
(könnte man natürlich auch so auslegen dass die zweifelsfreiheit je nach situation anders aussieht aber irgendwo is das problematisch)

Merryluzy

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Friday, September 8th 2006, 11:32am

Quoted

wobei der koran ja im "vorwort" für sich beansprucht das "kein Zweifel" darin enthalten sei.


Du meinst den 2.Vers der 2. Sure.

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Friday, September 8th 2006, 12:01pm

Quoted

Original von Merryluzy

Quoted


Die "Nicht-Extremisten" überhören gerne Suren, die Gewalt einfordern. Wer macht es richtig? Wo steht geschrieben, wie man die Suren korrekt interpretiert, welche heute gültig sind und welche nicht?

-------------------------------------------------------------------------------
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In den rechtswissenschaften ist es eigentlich nicht anders. Wenn man Analogien machen will für fälle, zu denen es keine Normen gibt, dann muss man auch die Entstehungsgeschichte eines Paragraphen kennen und wissen, für welche Fälle die Gesetzgeber ihn gedacht haben und zusätzlich auch die Literaturmeinungen dazu, die die Paragraphen im Nachhinein oft teleologisch reduzieren, um Unbilligkeiten zu vermeiden oder ihn anders auslegen.
Das beantwortet meine Frage nach klaren Regeln für diese Auslegung nicht.

Zudem halte ich den Vergleich zwischen Rechtswissenschaften und Religion für sehr wackelig. Zum Beispiel im deutschen Recht sind alle Gesetze dem Grundgesetz nachgeordnet. Zudem lassen sich Gesetze (bis auf einige Ausnahmen) mit Mehrheitsbeschlüssen ändern.

In den Rechtswissenschaften gibt es zudem klare Aufbauschemata für die Auslegung von Gesetzestexten. Der Willkür sind also klare Grenzen gesetzt. (Vielleicht ist das bei der Auslagung des Koran ähnlich, da kenne ich mich nicht mit aus.)

Der Koran (und ebenso die Bibel) ist jedoch praktisch unveränderbar und wird in seiner Gesamtheit als wahr erachtet. Widersprüche und Unklarheiten im Koran können daher nicht wie bei Gesetzen durch die höhere Gültigkeit des Grundgesetzes oder Gesetzesänderungen bereinigt werden. Ruft beispielsweise ein neues Gesetz zum Morden auf, so wäre dieses Gesetz verfassungswidrig und damit ungültig. Oder enthält der Koran auch einen "Kern", der dem restlichen Text übergeordnet ist?

Quoted

Bei einem universellen Wort wie dem Koran reicht es eben nicht ihn zu lesen und einordnen zu wollen. Da muss man schon tiefer gehen, wie in anderen Wissenschaften auch,
Ist "anderen Wissenschaften" so zu verstehen, daß das Lesen des Korans eine Wissenschaft sei? Oder bezieht sich das auf die oben erwähnten Rechtswissenschaften?
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Merryluzy

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Monday, September 11th 2006, 1:24pm

Hi

hier der Kommentar dazu:

Quoted

Warum sind diese Suren (im Gegensatz zu den Suren, die zum Mord aufrufen) nicht nur für einen speziellen Moment gültig? Wie kann ich "gültige" Suren von "ungültigen" unterscheiden?


Alle Suren und Ayat sind gültig. Es geht dir wahrscheinlich darum, ob man sie auf den Alltag heute anwenden kann oder ob sie für spezielles Ereignis offenbart wurden.

Der Vergleich mit der Rechtswissenschaft war gar nicht mal so daneben.
Es gab bestimmte Offenbarungsanlässe, die bekannt waren und sind. In der Quran-Wissenschaft- darunter fallen verschiedene Disziplinen u.a. Tafsir(Auslegung des Quran)- unterscheidet man zwischen Versen, die nur für diese bestimmte Situation gilt und Versen, die zwar zu bestimmtem Ereignis offenbart wurden, aber allgemein gelten und aus denen sich Normen ableiten lassen. Daneben gibt es noch zwei andere Unterscheidungen, die etwas komplizierter sind(Verse,die zu bestimmtem Anlass offenbart wurden, allgemein Geltung haben, außer für die Situation, in der sie offenbart wurde. Beispiel: Die Lügenaffäre um Aischa (r)- Diejenigen, die verleumden und bereuen, soll verziehen werden. Das gilt aber nicht für die Verleumder der Frauen des Propheten, obwohl der Vers zu der Situation herabgesandt wurde.)

Will hier jetzt keine Detailsachen bringen, da es bei der Frage wohl weniger darum als mehr ums Prinzip geht. Was ich nur sagen will, ist, dass hinter der Frage, aus wlchen Versen Normen ableitbar sind für heutige Fragen, eine Wissenschaft steht, in der es wie in jeder anderen Wissenschaft nicht ohne Diskussion, Austausch, Kontroversen abgeht. Bei vielen Versen besteht Konsens darüber, welchen Charakter sie hat. Aber es gibt auch Verse, in denen das nicht der Fall ist und denen die gelehrten uneinig sind, ob man daraus allgemeingültige Schlüsse ziehen kann oder nicht.
Beispiel:
Wahrlich, As-Safa und Al-Marwa gehören zu den Kultstätten Allahs; und wer zu dem Hause pilgert oder die Umra vollzieht, für den ist es kein Vergehen, wenn er zwischen beiden hin- und herschreitet. Und wenn einer freiwillig Gutes tut, so ist Allah Erkenntlich, Allwissend.Sure 2:158

Daraus könnte man lesen, dass es zu den Pflichten der Pilgerfahrt nicht gehört zwischen Safa und Marwa zu pilgern. Es gibt auch Gelehrte, die tatsächlich dieser Meinung sind(Abu Hanifa).
Allerdings wissen wir von Aischa(r), dass dieser Vers offenbart wurde, da es Muslime gab, denen es peinlich war, dies zu tun. Denn als sie noch nicht Muslime waren, sind sie an der selben Stelle zu Ehren eines Götzen namens Manat gepilgert. ALLAH hat ihnen mit dieser Sure gesagt, dass es kein Problem ist, trotzdem so zu handeln.
Und es wird auch allgemein als Pflicht der Pilgerfahrt gesehen, dies zu tun. Also ohne gehts nicht.
Dennoch gibt es Gelehrte, die das anders sehen und bestimmt auch ihre Methode haben, dies zu begründen.


Aber ich glaube, bei der Ausgangsfrage ging es um einen Mordaufruf im Quran oder? meines Erachtens muss man da nicht so weit ausholen, denn dass es nicht erlaubt ist, das Leben eines anderen zu bedrohen und das Töten eines anderen (und nicht erst das Morden) mit dem Töten der gesamten Menschheit verglichen wird im Quran, da jeder Mensch etwas Einzigartiges ist und die Menschheit verkörpert, habt ihr bestimmt mal irgendwann in dieser "ausufernden" Diskussion angerissen(Kleiner Tipp: eine geordnete Diskussion, die sich nur um ein Thema dreht, erleichtert das Verstehen und nutzt eher was. Wenn man gleichzeitig über Integration, Kopftuch und Quran reden will, ist man nachher verwirrter als vorher)

Dass es davon Ausnahmen gibt(Krieg, Selbstverteidigung etc,)ist heute nicht anders als damals.


Quoted

Da sich dieser Kontext heute nicht einmal mehr annährend mit Sicherheit rekonstruieren läßt, beruht die Interpretation solcher Texte nur auf Spekulation.


Naja, wenn mal jemand Lust hat sich mit Hadith-Wissenschaften zu beschäftigen, wird er das danach bestimmt anders sehen, aber bestimmt auch einen rauchenden Kopf haben.
Diese Disziplin beschäftigt sich mit den ersten Überlieferern. Es gab nach dem Tod des Propheten Menschen, die angefangen haben, die Überlieferungen zu sammeln und alle zu suchen, die diesen von dem Propheten gehört haben. Sie sahen die Gefahr, dass ansonsten, vieles von den Aussprüchen des Propheten verloren geht. Grund dafür war, dass der Prophet zu seinen Lebzeiten es nicht erlaubt hat, alles was er gesagt hat, aufzuschreiben, da er befürchtete, dass sich das mit den Versen des Quran vermischen könnte, denn nur letztere wurden aufgeschrieben.

Bei den Überlieferungen ging es vor allem um die Kategorisierung in sahih(fest,stark,sicher), was soviel bedeutete wie, dass diese Überlieferung mit Sicherheit vom Propheten stammt. Es gibt 5 Kategorien bis hin zu da´if(schwach) und Maudu´(erfunden).

Die Kategorisierung wurde anhand den Überlieferer gemacht. Es wurde geschaut, was von ihnen bekannt war(Charakter, Taten etc.) In dem zusammenhang ist eine Begebenheit eines berühmten Hadith-Sammlers bekannt. Er ist monatelang gereist, weil er gehört hatte, dass jemand eine Überlieferung von einem anderen gehört hatte. Und um diese Tradentenkette zu prüfen ist er weit gereist. Als er dann endlich ankam, sah er wie dieser Mann auf dem Feld war auf dem Rücken seines Pferdes und es damit vorantrieb, dass er eine Karotte an einem Stab vor ihm hertrug, so dass es immer in Richtung der Karotte ging. Daraufhin kehrte der Hadith-Sammler wieder um mit der Begründung, dass jemand der sein Tier so behandelt, nicht glaubwürdig sei.

Und damit wären wir auch wieder bei dem selben wie oben. Die späteren Hadithwissenschaftler hatten verschiedene Maßstäbe, um die Tradenten einzustufen. Für den einen war das okay, für den anderen nicht, da auch Tiere Wesen sind, die man so nicht behandeln konnte. So haben wir heute die Situation, dass es zwar Bücher über Bücher gibt, die die Überlieferer ins Detail beschreiben, aber nicht alle Hadith-Wissenschaftler kommen deswegen zum selben Erbgebnis, was die Einordnung eines Hadithes angeht.
In der Regel herrscht oft Konsens, wenn es eindeutig ist, aber es gibt auch hier Fälle, die auseinander gehen und die von den einen dann herangezogen werden, um daraus eine Norm abzuleiten, wo die anderen sagen, nein, das geht nicht, denn der Hadith hat eine Tradentenkette, wo ein Überliefere als Schwache einzustufen ist, und deswegen ist der Hadith unsicher.
Diese Wissenschaft ist sehr langatmig und detailreich(Tradentenketten ohne Ende, die heute in Rechner eingespeist werden um Überschneidungen zu finden und sie gegebenenfalls abzukürzen, um Hadithe so sicherer einstufen zu können oder auch nicht.


Was den Quran angeht, so wird man, wenn man sich mit dem Thema etwas mehr beschäftigt, sehen, dass unter den ernstzunehmenden Islamwissenschaftler, die keine Muslime sind, kaum einen gibt, der behauptet, dass dieser über die Jahre geändert wurde.

Auch hier gab es Mechanismen. Zum Beispiel das Auswendiglernen und Aufschreiben als erstes.
Als zweites das komplette Sammeln zur Zeit des ersten Kalifen Abu Bakr( Uthman ist der dritte Kalif und das, was er gemacht hatte, war nochmal was anderes).

Die Methode war folgende: Jemand, der den Quran auswendig konnte,ihn mit aufgeschrieben hat,und bekannt war für seine Ehrlichkeit(Zaid Ibnu Thabit) sollte die "Mission" übernehmen.
Er hatte folgende Vorgehensweise. Er hat nichts von dem genommen, was er selbst auswendig konnte. Er hat von den Gefährten des Propheten gesammelt, die direkt von ihm auswendiggelernt haben. Er hat das gesammelt, was neben dem Propheten aufgeschrieben wurde, jedoch akzeptierte er nur Schriftstücke bei denen zwei Zeugen aussagten, dass es vom Propheten diktiert wurde.

Als er fertig war, sind die engsten Gefährten, die ihn alle vom Propheten auswendig gelernt haben, diesen nochmal durchgegangen und haben ihr Okay gegeben.


Quoted

Da sich dieser Kontext heute nicht einmal mehr annährend mit Sicherheit rekonstruieren läßt, beruht die Interpretation solcher Texte nur auf Spekulation.


Die Frage der Interpretation ist eine wissenschaftliche Frage, die sich über die Jahre immer mehr zu einer komplexen Wissenschaft entwickelt hat.
Ich hoffe, dass das einigermaßen rübergekommen ist.

Aber wie ich eben auch sagte, bei der Frage der Gewalt besteht da eigentlich kein Problem, es sei denn wenn man von "Gelehrten" ausgeht, die es mit Bush jr. halten und erklären, dass wir alle in einem Krieg sind, solange muslimische Länder bedroht werden. Aber das ist eigentlich nicht haltbar. denn auch die Frage, welche Bedingungen erfüllt sein müssen, damit man von Krieg sprechen kann, so dass man Kriegsrecht anwenden kann, ist eindeutig. Und diejenigen, die mal davon ausgehen wollen, dass es so wie der Prophet gemacht richtig ist und sich nicht zuviel von Bush & Co abgucken, müssen auch im Kriegszustand Zivilisten unbehelligt lassen, solange die sich nicht an Kriegshandlungen beteiligen.

Eigentlich wollte ich noch was aus dem Bioethik-Buch anführen als Beispiel, wie sich so ein Disput zwischen Gelehrten gestaltet am Beispiel der Abtreibung oder des Klonens, aber die Tipperei ist langsam anstrengend.

Merryluzy

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158

Monday, September 11th 2006, 1:26pm

Quoted

Oder enthält der Koran auch einen "Kern", der dem restlichen Text übergeordnet ist?


Ein letztes zum Kern.
Was die Schari´a angeht , mal platt als islamisches Recht benannt, so gibt es auch hier Maximen.
Folgende gelten in der Reihenfolge als Maqasid aschari´a (schützenswerte Dinge)
Religion, Leben, Würde und Ehre, Verstand, Nachkommenschaft, Besitz.

Herausgearbeitet wurden diese Maximen von Gelehrten anhand von Quran und Sunna, aus denen sich ergibt, dass diese eine besondere Wichtigkeit haben, nach denen sich auch alle Normen, die aus den Quellen abgeleitet werden auszurichten haben, orientieren müssen. Auch hier gibt es ausgeklügelte Methoden, was man macht, wenn zwei Maximen z. B. kollidieren(erinnert mich sehr an die sogenannte praktische Konkordanz bei der Kollision von Grundrechten im deutschen Verfassungsrecht-methodisch gibt es schon Ähnlichkeiten).
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So das wars. Hat das geholfen?

denial

Erfahrener Schreiberling

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Occupation: Linux Coder (ex Mathe SR Inf Student)

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Wednesday, September 13th 2006, 3:11pm

Unter welchen Bedingungen ist denn z.B. Sure 4:34 gültig?

asbas

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Wednesday, September 13th 2006, 6:48pm

antworten

Merryluzy, als große Weise erklärt und rechtfertigt jetzt alle koranstellen oder wie? Bei der Bibel wurde ja schon früh alles so hier und da von der Kirche abgeändert um ihre Vormachtsstellung für lange zeit zu sichern-
oder unter welchen Bedingungen gilt denn
Das Thomas-Evangelium (55):
Jesus sprach: Wer seinen Vater und seine Mutter nicht hasst, kann nicht mein Jünger werden. Und wer nicht seine Brüder und seine Schwestern hasst und wer nicht sein Kreuz trägt wie ich, wird meiner nicht würdig sein.