Wir haben vom Fachschaftenrefenten des AStAs eine Mail erhalten, die an alle Studierenen gerichtet ist. Also möchte ich Euch diese nicht vorenthalten.
Wir als Fachschaft bedauern natürlich Clems Schritt und wünschen ihm in Zukunft alles gute für seinen persönlichen und beruflichen Werdegang und hoffen, dass der AStA bald einen ebenbürtigen Ersatz findet.
PS: Die Mail ist ein wenig lang, deswegen musste ich sie auf 2 Posts aufteilen.
Original von Clem Schermann
Hannover, 21.09.02
Rücktrittserklärung
Liebe Fachräte, liebe Mitglieder des Studentenparlaments, liebe Studierende.
Hiermit erkläre ich meinen unwiderrufbaren Rücktritt von meinem Amt als AStA
Referent für das satzungsgemäße Referat Fachschaften, welches durch Eure
Mithilfe auch das Ressort Hochschulpolitik (Innen) umfasst. Den Rücktritt
vollstrecke ich am 31.10.2002, um einerseits Euch die Gelegenheit
einzuräumen, bis dahin eine/n NachfolgerIn für mich zu finden, und
andererseits die weiteren Mitglieder des bestehenden AStA nicht mit meinen
Aufgaben unnötig zu belasten und meine bisherigen Aktivitäten sauber
abzuschließen.
Aus den Gründen:
Tatsächlich sind es sehr unterschiedliche Gründe, die mich zu diesem Schritt
motivieren:
a.. Basisdemokratisches Verständnis und linguistische Zungenschläge
b.. Unvereinbarkeiten
c.. Die grundsätzlich fehlenden Bedingungen
d.. Kompetenzfragen
1. Basisdemokratisches Verständnis und linguistische Zungenschläge
Im Verlauf meiner Amtszeit habe ich mich inhaltlich sehr intensiv mit dem
Problem der Basisdemokratie in der verfassten Studierendenschaft
beschäftigt. In diesem Kontext sind einige Texte von mir entstanden, die
allerdings obgleich ihrer inhaltlichen Richtigkeit wegen ihrer Brisanz nicht
den AStA Segen erhalten haben und somit auch nie veröffentlicht worden sind.
Der Sinn dieser Schriften sollte eine neue und anhaltende Debatte darüber
eröffnen, dass gerade etwas mehr als 1/10 der Studierendenschaft sich
motiviert sieht und mobilisieren lässt, jährlich ihre VertreterInnen in die
Verantwortung für die gesamte Studierendenschaft zu wählen. Obgleich 9/10
diese ,Befragung' oder ,Wahl' nicht treffen, wird ihnen ähnlich den
Nichtwählern bei Kommunal-, Landtags- oder sogar Bundestagswahlen
nachgesagt, dass ihr politischer Wille wohl dem entspreche, was die aktiv
wählenden zum Ausdruck bringen.
Diesen kleinen inhaltlichen, gedankliche Trick, den ich lieber als
linguistischen Zungenschlag deklarieren möchte, um größere Debatten und
Mobilisierungsmaßnahmen zu verhindern, kann ich nicht mehr mittragen. Ein
Grund hierfür mit ist der Fakt, dass ich viele Studierende reden höre, die
den Sinn und Zweck der verfassten Studierendenschaft in Frage stellen und
deshalb an den jährlichen Wahlen nicht teilnehmen.
Mithin ist der AStA de facto kein basisdemokratisches Organ der verfassten
Studierendenschaft, was für sämtliche andere Organe der Studierendenschaft
auch zutrifft: Zwischen dem Wille derjenigen, die unsere Satzung formuliert
haben, dem Willen derjenigen, die die Satzung mit Leben füllen, und den
tatsächlichen Umstände klafft ein tiefer Graben, über den keine Brücke
gespannt werden kann.
Für mich ist daher klar, dass ein basisdemokratisches Verständnis und ein
sich daraus entwickelnder politischer Wille, wie sie derzeit an unserer
Hochschule gepflegt werden, nicht weiter von mir unterstützt werden können.
2. Unvereinbarkeiten
Meine hochschulpolitischen Erfahrungen sowohl innerhalb des AStAs im Kleinen
als auch in der verfassten Studierendenschaft im Großen liegen vor allem im
Bereich der Personaldebatten und -entscheidungen. Es ist in diesem Jahr ein
lang anhaltender Konflikt zwischen Einzelpersonen und Gruppen fortgeführt
worden, der dazu geführt hat, dass der AStA sich regelmäßig ,politisch'
positionieren sollte, obgleich lediglich nach Personalentscheidungen gefragt
worden war. Dieser Wunsch an den AStA erfolgte von ausnahmslos allen Seiten.
Der AStA hat sich dabei regelmäßig nicht positioniert - weil er es auch gar
nicht konnte.
Für mich gilt: Mein Verständnis politischer Positionierung dreht sich um
Inhalte und nicht um einzelne ,Nasen', um es vereinfacht darzustellen.
Andere AStis haben sich aus anderen Gründen nicht geäußert, lediglich in
wenigen Situationen - Stichwort: Verwaltungsrat - ist es zu einer inhaltlich
anmutenden, in Wahrheit aber einzig machtspielerischen Auseinandersetzung
ausgeartet, um es glimpflich zu formulieren.
Der AStA hat sich wegen dieser vielen Anfragen also nie geschlossen äußern
können, daher auch keinen hochschulpolitischen Eindruck erweckt, obgleich er
sich in dieser Zeit um Hochschulsport, niedersächsisches Hochschulgesetz,
die Hanomacke Frage, Gartenhaus und vieles mehr bemüht hat. Dieses ist aber
wegen der historisch kontinuierlichen Konzentration hochschulpolitischer
Willensbildung an Personalfragen den Studierenden nicht bewusst geworden.
Meine Idealvorstellung und ihre realisierbaren Umstände einerseits und der
Zustand als solcher andererseits stehen einander ebenso gegenüber, wie ich
es oben bereits für den Satzungswillen und den Willen der Studierendenschaft
umschrieben habe. Diese conclusio erlaubt auch die Bewertung der Frage um
den allgemeinen Willen der Studierenden, dass es einen solchen in der Form,
wie die Organe der Studierendenschaft ihn fingieren, nicht gibt. Nun bin ich
aber für den Willen der Studierenden in ein AStA Referat gewählt worden,
womit ich nun für mich feststellen muss, dass meine Vorstellungen mit denen
anderer Mitglieder der Studierendenschaft nicht vereinbar sind. Damit ist
dieses Amt für und durch mich nicht weiter ausfüllbar.
Neben dieser inhaltlichen Problematik haben sich darüber hinaus bei mir
privat einige Dinge entwickelt, die meine wachsende Aufmerksamkeit
erfordern. Diese Schritte waren zu meinem Amtsantritt nicht vorhersehbar,
genießen aber nun zunehmend mein Engagement. Theoretisch bis Ende des Jahres
könnte ich ungehindert meine AStA Tätigkeiten weiter ausführen, darüber
hinaus aber nicht. Allerdings sehe ich dafür nicht die gemeinsame Basis, auf
der wir alle zusammen arbeiten können.
3. Die grundsätzlich fehlenden Bedingungen
Als am Anfang des Jahres sich im Rahmen der AStA Findungstreffen zahlreiche
junge Menschen, unter denen auch ich war, trafen, um gemeinsam die Idee
eines AStA zu entwickeln, waren wir nach vielen Überlegungen und
Besprechungen übereinkommen, grundsätzlich nur nach einem
Semi-Konsens-Prinzip Entscheidungen zu treffen, Gerüchte immer klar und
schnell auszuräumen und vor allem gemeinsam AStA Arbeit zu gestalten.
Das Semi-Konsens-Prinzip hat sich schlimmer noch als das Konsensprinzip als
äußerst unpraktikabel erwiesen, weil ab zwei Gegenstimmen oder Enthaltungen
Entscheidungen nicht mehr gefällt werden konnten. Über das Für und Wider
etwaiger Entscheidungsprozesse kann ich hier nicht mehr sagen, als für die
Zukunft zu empfehlen, sich reiflich zu überlegen, welche Konsequenzen welche
Entscheidungsprozesse nach sich ziehen. Auch ist es überaus empfehlenswert
für unterschiedliche Fragen unterschiedliche Prozesse zu erwägen und diese
ggf. in einer Geschäftsordnung festzuhalten, um jeden Zweifel auszuräumen.
In der Folge unseres Fehlschrittes, eben das Semi-Konsens-Prinzip zu nutzen,
hat sich gezeigt, dass die Mitglieder des AStA allzu häufig eben nicht einer
Meinung sein konnten. Wir waren bisher nicht in der Lage, uns politisch zu
positionieren, dieser AStA wird es auch in Zukunft aus diesem Grunde nicht
sein.
Hinsichtlich der Gerüchte haben wir uns entschlossen, schnell solche
auszuräumen, um keinesfalls missmutige Stimmungen zu pflegen sondern im
Klartext schnell Tabula rasa zu machen, um adäquate AStA Arbeit pflegen zu
können. Abgesehen von der Zeit nach dem ,Verwaltungsrats-Eklat' ist uns
dieses sehr gut gelungen.
Schlussendlich allerdings, und das sind die hier maßgeblichen entscheidenden
Faktoren, ist die Zusammenarbeit im AStA im Verlauf der letzten
Vorlesungszeit massiv eingebrochen. Bei unseren Findungstreffen waren wir
übereingekommen, dass wir arbeitsteilig handeln wollten, so dass ein
Referent grundsätzlich auf die Zusammenarbeit mit anderen AStis bauen
konnte. Für meine Person kann ich, zum Glück(!), behaupten, dass dies für
mich und meine Person im gegenseitigen Verhältnis zu den übrigen AStis noch
zutrifft. Allerdings gibt es im AStA mittlerweile Verlagerungen, die
lediglich ein Arbeiten nebeneinander zwischen einzelnen Mitgliedern
erlauben. Nebeneinander ist ungleich miteinander, womit bereits der
Gründungswille unseres AStA Teams nicht mehr wahrgenommen wird.
In diesem Kontext sind auch zunehmend Personalfragen geöffnet worden, in
denen insbesondere die Kompetenzen einzelner Referenten angesprochen worden
sind - mit Kompetenzfragen meine ich hierbei Ressortfragen, wer was wann zu
tun habe. Diese Fragen gehen insbesondere von einem selbsternannten
Kontrollreferenten aus. Die Frage der internen Kontrolle ist vom AStA intern
nie beschlossen worden, weswegen dieser Referent meinen Unmut über seine
eigenwillige Entscheidung geweckt hat. Der Versuch, im Gespräch diese
Kontrolle zu unterbinden, ist fehlgeschlagen - ebenso wie sein Versuch, es
ausreichend zu begründen.
Als aktuelles Beispiel fehlgeschlagener Zusammenarbeit ist die Angelegenheit
,Kirsti Weiß' hier zu erwähnen. Nicht etwa von anderen AStA Referenten oder
sonstigen Kollektiven im AStA bin ich darüber in Kenntnis gesetzt worden;
vielmehr bedurfte es den Hinweisen von z.T. Studierenden und z.T. im Leben
stehenden ehemaligen Studierenden, dass ich hierüber Kenntnis knappe zwei
Wochen nach ,Auffliegen der Sache' erlangen konnte. Das gesucht Gespräch mit
dem AStA, wie zu verfahren sei, ist dann ergebnislos geblieben, erst Tage
später haben sich Presseerklärungen und dergleichen ergeben. Es gehört nicht
viel dazu, um zu erkennen, dass dieses hier keineswegs Zusammenarbeit
darstellt.
Die Gesamtheit dieser und vieler weiterer, kleinerer Faktoren zeigen, dass
unser AStA Gründungswille pervertiert worden ist und heute nichts mehr mit
dem zu tun hat, was wir uns vor und am Anfang unserer Amtszeit vorgenommen
hatten. Damit ist für mich klar, dass grundsätzliche Bedingungen nicht mehr
erfüllt sind. Und damit ist ebenso klar, dass ich diesem AStA nicht mehr
tatkräftig zur Seite stehen kann.